Crossing Canada – B.C. und Alberta

Die nächste Etappe sollte Kanadas Westen sein. Während sich die See-Hütten-Pläne mit Arnaud und Franck ja eher spontan ergeben haben, stand der Basisplan für die nächsten drei Wochen indes fest.

Ich hatte im  Vorfeld erfahren, dass Doreen, die ich von meiner ersten Arbeitsstelle kannte, bereits seit einigen Monaten ebenfalls auf Weltreise unterwegs ist. Da sie auch nach Kanada wollte haben wir uns kurzentschlossen zusammengetan und einen kleinen Campervan gemietet, um damit drei Wochen durch British Columbia und Alberta zu fahren. Quasi Weltreisende unter sich ;). Aufgrund der horrenden Preise und der kurzfristigen Planung landeten wir beim Vermieter Wicked Campers und mieteten so ziemlich die kompaktest-vorstellbare Variante des Campervans: Ein abgerockter GMC Safari Van mit zwei Sitzen vorne und hinten einer ausgeklügelten Konstruktion Marke Eigenbau: eine Reihe von Staufächern bildeten – wenn geschlossen- eine große Liegefläche, die mit drei, ansonsten stapelbaren, Polsterteilen ausgelegt wurde. Hinten quer im Heck war eine kleine Arbeitsfläche mit winzigem Spülbecken eingebaut, darunter ein Frisch- und ein Abwassertank. Mit rudimentärem Geschirr, zwei Propankochern und einer Eisbox war die Ausrüstung auch schon komplett. Klingt etwas spartanisch, war es auch- im Endeffekt allerdings ziemlich genial, denn mehr braucht man eigentlich nicht! Okay ein wenig mehr vielleicht schon- vor allem wenn man nur mit Rucksack kommt… doch das meiste ließ sich ohne Aufwand und Zusatzkosten aus einem großen Haufen in der Wicked-Campers-Zentrale ziehen, auf dem andere Camper das hinterlassen haben, was sie nicht mehr brauchten: Weitere Küchenutensilien, Spülzeug und -jep- ein Spannbettuch, Decken und Kopfkissen. Zugegeben- letzteres zunächst mit spitzen Fingern, aber hey- wofür gibt’s Laundrys…! Zusammen mit dem neu erworbenen IKEA-Bettzeug „Elkfrøtten“ (… oder so…) wanderte also alles am ersten Abend mit vielen Quarters in die Waschmaschine, die sich praktischerweise in der Nähe von Doris AirB’n’B Unterkunft finden ließ. Die Unterkunft, in der wir noch die erste Nacht in Vancouver verbrachten, war ausgesprochen günstig, was man wohl von einem deprimierenden Zimmer im Keller eines abgewohnten Vororthäuschens andererseits auch erwarten kann…

 

Vancouver Island, wir kommen!

Gut ausgeruht ging es am nächsten Tag dann on the road! Wir hatten beschlossen, der „Perfekten Route“ aus dem Marco Polo Reiseführer zu folgen, und nahmen daher erst mal die Fähre in den Süden von Vancouver Island und fuhren Richtung Victoria, einem schönen Hafenstädtchen mit geradezu mittelmeerartigem Flair.

Da wir als Backpacker -und nunmehr ja auch noch Wickedcamper- prinzipiell eher in den Tag hinein reisen, hatten wir freilich keinen Campingplatz vorgebucht. Würde sich schon alles fügen- schließlich können wir uns auch einfach irgendwo hinstellen, denn wir haben ja kein Zelt sondern schlafen im Auto…

Der erste Platz, der sich dafür angeboten hätte, war eine schmale Landzunge mit Strand, über die die Straße plötzlich führte- wären da nicht die gehässigen „NO OVERNIGHT PARKING“ Schilder gewesen… Da es bereits dämmerte beschlossen wir, an diesem netten Plätzchen zumindest mal den Propankocher einzuweihen und etwas zu essen. Während wir also so geschäftig ums Auto liefen, kam es zur ersten Manifestation des „Idols Effekts“, wie wir ihn im Folgenden nannten! Dazu muss folgendes erklärt werden:

 

The Idols Effect

Jedes Wicked Camper Auto ist einzigartig und ausgesprochen auffällig bemalt- bei der online-Buchung wurde dies als „Sexy paintjob“ aufgeführt… Die meisten Vans sind knallbunt und die Bemalung hat irgendwas mit Drogen und/oder Filmen zu tun. Unserer jedoch stellte eine Ausnahme dar, und nicht zu Unrecht sagte mal jemand „you guys won the lottery!“. Idols, so der Name des Autos, war in schwarz/weiß gehalten und über und über bemalt mit den Konterfeis berühmter Rock-, Pop- und Filmstars, welche unterdessen das zeitliche gesegnet hatten. Auf den rückwärtigen Türen stand der Spruch „ I see dead people“- ein Zitat aus dem Film ‚The sixth sense‘.

Gleich an jenem ersten Abend on the road bemerkten wir das Potential dieser Bemalung: die Leute gucken, machen Fotos und man kommt ständig ins Gespräch! „Na, habt ihr alle erkannt?“- „ja- die meisten… habt ihr das so bemalt?“ etc. In diesem Fall waren es Reg und sein Sohn Aaron, die uns diese Frage stellten. Reg kannte fast alle, und Aaron, der etwas geistig behindert und so Ende 20 war, war total begeistert von unserem Auto und löcherte seinen Vater, wer denn wer sei. Im Gespräch kam raus, dass die beiden gleich um die Ecke wohnten. Selbstverständlich ließ ich völlig arglos die Frage einfließen, wo wir uns denn angesichts der vielen Verbotsschilder seiner Meinung nach für die Nacht hinstellen könnten- und BINGO „im Zweifelsfall in meinen Driveway“! Dabei sollte es jedoch nicht bleiben- als wir ankamen führte uns Reg durch sein schickes Haus mit Meerblick: „hier ist das Gästezimmer, fühlt euch wie zuhause!“ Danke Reg, danke Idols- die erste Nacht im Van wird wohl warten müssen!

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Pacific Rim National Park

Den nächsten Tag arbeiteten wir uns Richtung Tofino hoch, und nahmen einige Attraktionen mit, die sowohl der Reiseführer als auch Reg himself vorgeschlagen hatten: einen Leuchtturm, den Totempfahl Walk in Duncan, ein erstes erfrischendes Bad Cameron Lake und „Cathedral Grove“, einen kleinen Rundgang zwischen ziemlich großen und alten Bäumen.

Nach der ersten Nacht im Auto auf dem erstbesten Campingplatz standen an den Folgetagen dann mehrere Spaziergänge durch den Regenwald von Ucluelet und dem Pacific Rim Nationalpark an, der Long Beach sowie Tofino selbst. Und der Idols-Effekt schlug ein zweites Mal zu… naja zumindest haben wir ihm das jetzt einfach mal zugeschrieben! Die Nationalparks kosten Eintritt und als wir das erste Mal mehr oder weniger ratlos vor so einem Ticketautomaten standen kamen wir mit einem älteren deutschen Paar ins Gespräch. Die beiden waren fast am Ende ihrer Tour- und im Besitz einer Jahreskarte, die sich ab einer gewissen Reisedauer lohnt und in Form eines Plastikkärtchens am Innenspiegel baumelt. Eins und eins zusammengezählt – und wieder: BINGO! Am nächsten Abend haben wir den beiden das gute Stück für nen Zehner abgekauft und hatten somit freie Fahrt auch in alle Nationalparks die noch auf dem Plan standen!

 

Whistler, Baby

Als nächstes Ziel stand Whistler auf dem Plan, im Winter der Skiort Kanadas, im Sommer in der Hand von Downhill-Mountainbikern, und das durchaus in massentouristischem Stil. Von Nanaimo aus ging es also mit der Fähre wieder zurück aufs Festland, in den Norden Vancouvers. Bei schönem Wetter hatten wir hier wirklich malerische Ausblicke auf die Stadt und die Natur.

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Da `lange Schlafen‘ +`viele Kilometer‘+`warten an der Fähre‘ nicht = Whistler ist, verbrachten wir die Nacht auf dem Weg dahin budgetschonend auf einem unbebauten Grundstück neben einem Autohaus. Whistler selbst ist ein Resort-Dorf, die Fußgängerzone ist also komplett designed und vollgestopft mit Geschäften und Restaurants, wobei die Hüttenpreise es hier durchaus bis ins Tal geschafft haben. Regungslos weidete sich die Dame an der Touristen-Info an unserm Schock, als wir uns nach den Preisen für die Gondelbahn erkundigten: 65 $- dafür kann man immerhin auch mal queren auf den Gipfel des Nachbarberges. Peak2Peak heißt die entsperchende Bahn, und sie hat sogar nen Glasboden. Den nächsten Tag verbrachten wir also in den Bergen, was wirklich sehr schön war! Wir hatten tolles Wetter und im beeindruckenden Panorama strahlten die schneebedeckten Gipfel in der Sonne.

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Die Nacht zuvor hatten wir auf einem Campingplatz mit schönem Bergpanorama verbracht, die nächste jedoch campten wir wieder wild- und zwar diesmal wirklich in der Natur, ohne Autohaus aber dafür mit einem rauschenden Fluss und Wald, in dem wir immer blitzende Augen vermuteten, wenn wir mit der Taschenlampe reinleuchteten. Durchaus ja nicht zu Unrecht- überall hier im Westen ist „Bear Country“ und die Mülleimer sind alle mit so einer „Bärensicherung“ ausgestattet, denn die Biester können prinzipiell überall sein! Auch vor Wölfen wird bisweilen gewarnt, wir blieben jedoch unbehelligt.

 

Immer weiter in die Rockies

Angesichts der Größe des Landes, ist man mitunter geneigt, die Distanzen in Kanada zu unterschätzen. Um sich zwischen zwei „nah“ beieinander liegenden Punkten auf der Karte zu bewegen ist es schnell „mal eben“ a few hours drive. Da wir einen recht entspannten Tagesablauf pflegten und wir praktisch nie vor 11 Uhr abfahrbereit waren, mussten wir mal ein bisschen Strecke machen und verbrachten den nächsten Tag quasi komplett auf der Straße, um den Nationalparks in den Rocky Mountains mal etwas näher zu kommen. Für die Nacht suchten wir uns wiederum ein abgelegenes Plätzchen zum wild-campen und fanden den geradezu perfekten Platz. Rechts und links vom Highway ist außer Gegend meist nichts, nur hin und wieder windet sich eine Schotterstraße in die Hügel. Wir hatten uns auf dem Handy eine ausgeguckt, und mussten nach zwei, drei Kurven feststellen, dass sie immer schlechter und immer steiler wurde. Idols war alles andere als ein geländetaugliches Allradfahrzeug, wir beschlossen aber, ihm trotzdem eine Chance zu geben, denn der Weg schien prinzipiell durchaus vielversprechend zu sein. Im gleichmäßigen Schneckentempo trieb ich Idols also den Hang hoch auf den Hügel und dort wo der Weg ebener wurde gab es tatsächlich eine kleine Fläche neben dem Weg, auf dem das Auto sogar ziemlich grade stehen konnte. Was für eine Szenerie- Idols im Sonnenuntergang in der freien Wildbahn… so hatte ich mir das vorgestellt! Da es recht warm war ließen wir später zunächst die Seitentür auf. Während ich so wegdämmerte raunte mir Dori plötzlich alarmiert zu: „da ist irgendwas!!“ Sofort war ich im Bärenalarm- das wäre schlecht!! Ich lag zudem unmittelbar neben der offenen Tür- geradezu lächerlich leichte Beute für einen hungrigen Grizzly! Ein Leuchten mit der Lampe, es raschelt… schnell schloss ich die Tür – phu, in Sicherheit. Oder doch nicht? Mit der Lampe wollte ich einen Blick durch das Fenster der Beifahrertür werfen- welches –oha- sperrangelweit offen stand, ebenso wie das der Fahrertür…! Wo war gleich der Schlüssel…? Ein professioneller Bär hätte wohl längst zwischen uns gelegen, bis wir die Karre dann mal wirklich verrammelt hatten. Trotzdem war da was- Dori meinte sogar, einen Mann im weißen T-Shirt gesehen zu haben … wir werden es nicht erfahren.

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Let’s go chasing Waterfalls…

Eine dankbare Attraktion am Wegesrand sind immer wieder die zahllosen Wasserfälle, die oft nach einem kurzen Fußweg vom gut ausgeschilderten, und selten einsamen Parkplatz zu erreichen sind. Wir haben in den drei Wochen einige gesehen (und zügig den gleichnamigen TLC-Song als Ohrwurm etabliert), einer verdient jedoch, dass ich ihn hier explizit erwähne: Die Helmcken Falls im Wells Grey Provicial Park. Am besten zu betrachten von einem Lookout Point unmittelbar am Straßenrand, allerdings gibt es auch einen ‚Hike‘ der durch den Wald zum Wasserfall selber führt. Hinweisschilder zum Thema ‚steep Dropoff‘ sollten sich als durchaus wahr beweisen, denn der Pfad führte entlang der Stelle, wo das Wasser in die Tiefe stürzte, und gab den Blick in geradezu atemberaubende Tiefe frei.

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Ebenfalls typisch für die Region sind die schönen, blauen Bergseen. Den ersten, den Kinney Lake erwanderten wir im Mnt. Robson Provincial Park. Der herrlich kitschige blau-türkise Farbton des Wassers ist übrigens bedingt durch das Steinmehl, dass die Gletscher von den Felsen losmahlen.

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Einige weitere Seen dieser Art sollten folgen, denn wir näherten uns nun dem ‚Höhepunkt‘ unserer Tour, den vielgerühmten Nationalparks um Jasper und Banff. Bei Ankunft in Jasper jedoch erst mal Ernüchterung: Regen?! Das hatten wir so nicht gebucht! Das kleine Städtchen quoll geradezu über von Wohnmobiltouristen- ebenso wie die Campingplätze, daher blieb uns nur der Overflow- mit Plumsklo und ohne Dusche, was kein Drama war, da wir den Abend zwei Tage in Folge im örtlichen Schwimmbad ausklingen ließen. Dort gab es Duschen und der HotTub köchelte einen gemütlich durch.

Die Welt ist ein Dorf!

Gleich am ersten Tag in Jasper kam es zu einer höchst unwahrscheinlichen Begegnung! Während ich auf der Suche nach einem Liqour-Store (denn selbst das Feierabendbier ist so böse, dass es nicht nur nicht ohne ID, sondern auch nicht im Supermarkt verkauft wird) in Jasper über die Straße ging wunderte ich mich: ‚was grinst mich dieser Typ so übertrieben an, und warum geht der mir nicht aus dem Weg?!‘, bis mir einen Moment später klarwurde: das ist mein Kumpel Alex!! Studienfreund und Ex-Kollege! Verrückte Welt. Wie sich herausstellte waren er und seine Freundin Lisa auf einer ganz ähnlichen Route unterwegs wie wir- nur mit etwas mehr Zeitdruck und mit Zelt! Wir konnten es kaum fassen und malten uns aus, dass wir uns bestimmt schon das ein oder andere Mal nur knapp verpasst hatten! Tatsächlich hat Alex unseren Van wohl später nochmal auf dem Highway gesehen…

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Während es am Abend wie aus Eimern goss, und wir an Alex und Lisa in ihrem Zelt denken mussten, wurde es die nächsten Tage etwas besser. Am Sonntag  gingen wir in eine kleine Kirche (eher eine Kapelle) im Ort. Eine kleine Gruppe aus Einheimischen und Gästen hatte sich eingefunden, allerdings war der „Organist“ krank, doch eine ältere Asiatin – bestimmt auch auf der Durchreise – sprang am Keyboard ein, was irgendwie eine ulkige Situation war, aber erstaunlich gut klappte.

Einige Highlights der nächsten Tage waren u.a. Kanufahren auf dem Maligne Lake (der keineswegs so böse aussah, wie er sich anhört), der Maligne Canyon und eine Bergtour auf dem zugigen Whistler Summit nach (wiederum überteuerter) Seilbahnfahrt mit dem ‚Jasper Sky Tram‘. Außerdem gab es das erste erfolgreiche Wildtier-Watching: mehrere Elks (was leider keineswegs ein Elch sondern eher so eine Art Hirsch ist) grasten Seelenruhig am Seeufer.

Der Icefields Parkway

Von Jasper nach Banff führt der so genannte ‚Icefields Parkway‘, eine Straße, die aufgrund ihrer vielen Sehenswürdigkeiten am Wegesrand und der schönen Szenerie rundherum als eigenständige Attraktion firmiert. Wie der Name vermuten lässt, sieht man einige Gletscher, Seen und kalte Flüsschen und tatsächlich- von Dori innig herbeigesehnt- wir sahen auch Bären in freier Wildbahn! Wenn es auf der Straße plötzlich (scheinbar grundlos) Stau gibt, so ist dies meist ein sicheres Zeichen dafür, dass es am Wegesrand etwas zu sehen gibt. Geradezu panisch werden dann die Wohnmobile oft mitten auf der Straße geparkt und die Besatzung springt  – die Kamera schussbereit – suchend und witternd aus dem Wagen und läuft dem Vordermann hinterher, von dem Sie annimmt, dass er was gesehen hat. Die Parkranger patrouillieren die Straßen, um dann etwas Ordnung in die Situation zu bringen. Während wir die ersten paar Male zu spät waren, und man nur noch Bäume sah, hatten wir diesmal Glück: Eine Bärenmutter strich mit ihren beiden Jungen durchs Unterholz. Nicht wirklich weit weg von uns, aber wir passten meist auf, dass sich ein paar unbedarfte Japaner noch näher an den Tieren befanden- nur für alle Fälle…

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Lake Louise

Absoluter touristischer Brennpunkt im Banff Nationalpark ist das Örtchen Lake Louise, quasi Gateway zum gleichnamigen See, der eines der wohl bekanntesten Postkartenmotive der Region darstellt. Direkt am See liegt ein großes Luxushotel, welches aus der Zeit stammt, als dank dem Bau der Eisenbahn die Rocky Mountains als Touristenziel erschlossen wurden. Wir hatten uns – hochmotiviert und entgegen unserer Gewohnheit- vorgenommen, früh aufzustehen, um noch vor 9:00 Uhr auf dem Parkplatz zu sein.  Dies war, wie wir erfuhren, der kritische Zeitpunkt, wo dieser wegen Überfüllung geschlossen wurde. Morgens war jedoch graues Nebelwetter und wir beschlossen, dass sich das Opfer des frühen Aufstehens nicht lohnen würde und blieben liegen. Ein Fehler! Zügig klarte es auf, und als wir unseren Entschluss revidierten war es bereits zu spät und es kam wie es kommen musste: lange Schlangen, viele Autos und nur weil wir uns noch auf dem Ausweichparkplatz vors Klohäuschen quetschten kamen wir überhaupt noch unter…

Der See war hübsch, erscheint im Vergleich zu Seen in der Nähe, wie dem Moraine Lake, jedoch etwas overrated. Eine kleine Wanderung den Berg hinauf führt zum Lake Agnes und zu ‚Agnes‘ Teahouse‘, was familiärer klingt als es war- vor allem wohl aufgrund der Masse der Leute, die die kleine Hütte stürmten und zeitgleich etwas zu essen haben wollten. Wir freilich auch, schließlich hat man nach so einem Aufstieg Hunger…!

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Mein Favorit in der Kategorie „pittoreske Seen“ war jedoch ganz klar der Emerald Lake im benachbarten Yoho Nationalpark. Egal was wir auf unserer Wanderung um den See fotografierten- es sah immer aus wie aus einem Reiseprospekt!

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Doch der Yoho hatte noch mehr zu bieten: etwa die Takakkaw Falls im Abendlicht oder die berühmten Eisenbahn-Spiraltunnel, die dazu dienen, dass die Züge auf ihrem Weg durch die Berge Höhe machen können ohne dafür zu extreme Steigungen bewältigen zu müssen. Durch die geringere Steigung wird weniger Lokomotivenpower benötigt und die Züge können länger sein. Und sie sind ziemlich lang! So lang, dass man sehen kann, wie der Zug in den Tunnel reinfährt, eine Etage höher wieder rauskommt und schließlich unter dem Aussichtspunkt vorbeifährt, ohne dass der letzte Wagon schon im Tunnel ist. Auch für nicht-Eisenbahnfreaks ein interessantes Schauspiel!

Das nette Touri-Örtchen Banff haben wir nur einmal aufgesucht, um die heißen Quellen zu besuchen. Schnell war klar, dass es sich nicht um ein naturnahes Erlebnis mit Felsengrotte handeln würde, sondern um eine Art Schwimmbad mit Aussicht über Banff. Die wurde unter anderem von den zahlreichen Japanern genossen, die dazu beitrugen, dass im Wasser regelrechtes Gedränge herrschte! Insgesamt hatte es wohl was von einer Poolparty… nur ohne Alkohol und Musik. Eine ambivalente Erfahrung- immerhin war das Wasser schön warm. Und gechlort.

Zurück nach Vancouver

Der Weg zurück nach Vancouver führte uns auf südlicherer Route durch das Okanagan Valley, dem wichtigsten Weinbaugebiet Kanadas. Die Stadt Kelowna liegt an zwei großen Seen und wir hatten einen Campingplatz mit Beach Access. Dort bekamen wir den letzten verfügbaren Stellplatz- neben einem ziemlichen Messi-Zelt, wo überall merkwürdiger Kram drum herum lag und in dem zwei eigenartige junge Leute wohnten, die zwar freundlich grüßten, mich aber instinktiv zweimal gucken ließen, ob Idols wirklich abgeschlossen war wenn wir gingen. Offenbar nicht zu Unrecht, denn am nächsten Tag war die Polizei da und befragte die umliegenden Camper nach dem dubiosen Pärchen. Wie im Film gab mir der Officer seine Karte und bat mich, ihn unauffällig anzurufen, wenn die beiden zurück kämen…

Ein anderer Gast kam mir jedoch zuvor und tatsächlich wurden die beiden festgenommen. Wie ich erfuhr handelte es sich um ein Gangsterpärchen, das wegen Autodiebstahls und Raubüberfällen quer durch BC und Alberta schon länger auf der Flucht war.

Eine populäre Attraktion in Kelowna ist der ‚Kettle Valley Railway Trail‘, ein Wanderweg auf einer alten Eisenbahnstrecke, die am Hang über viele Holzbrücken führt. Nach einem schweren Waldbrand wurden die Brücken mit viel Aufwand wieder instand gesetzt und man sollte meinen, dass man nach all dem Aufwand auch eine gute Erreichbarkeit des Parkplatzes sicherstellen würde… von wegen. Dieser ist nur über eine 8 km lange Schotterstraße bergauf zu erreichen. Ich quälte Idols (immernoch ohne Allradantrieb) auch dort hinauf, aber mehr als Schritttempo war nicht drin. Ein wenig Unbehagen löste gerade in solchen Situationen die Tatsache aus, dass ca. seit Jasper des ‚Check engine light‘ brannte. Öl und Kühlwasser waren ok, und da Idols auch keine eigenartigeren Geräusche machte als zu Zeiten, wo das Lämpchen noch nicht brannte, blieb es beim guten Vorsatz, „morgen aber mal bei Wicked Campers anzurufen, wenn das immer noch so ist“… Zu allem Überfluss meldete sich auf dem Weg nach oben auch noch die ‚low fuel‘ Lampe… Ups! Das wäre wirklich zu dumm, jetzt hier mitten in der Pampa liegen zu bleiben… Aber wir blieben cool- ebenso wie Idols. Als wir endlich oben waren dämmerte es bereits und insgesamt war der Weg schon ziemlich einsam. Wegen das Waldbrandes standen überall verkohlte Bäume herum, was der Szenerie etwas dramatisches verlieh- nicht zuletzt im Licht der untergehenden Sonne. Dankenswerterweise ließ Idols uns auch auf dem Weg zurück nicht im Stich!

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Good bye Idols

Am 8. August mussten wir Idols schließlich wieder in Vancouver abgeben. Der Abschied fiel uns durchaus schwer, auf der anderen Seite waren wir jedoch auch froh, dass wir es ohne Panne wieder zurück geschafft haben, denn abgegeben haben wir das gute Stück mit sage und schreibe 356525 km auf dem Buckel, davon mehr als 8000 km auf unserer Tour. Da kann einem wahrscheinlich auch schon mal das ‚check engine light‘ angehen- welches übrigens pünktlich mit Überqueren der Stadtgrenze von Vancouver wieder ausgegangen war…

Vancouver selbst begrüßte uns erst mal mit Nieselregen, so dass wir bei unsrer ersten Erkundungstour durch die Stadt nur erahnen konnten, warum es als die tollste Stadt Kanadas gilt. Ein Grund dürfte die Lage am Wasser sein- weitläufige Jachthäfen, Inselchen wie Granville Island bestimmen das maritime Flair der Stadt. Eine große Brücke spannt sich- ähnlich wie in San Francisco- über die Bucht zum nördlichen Teil der Stadt. Wir machten eine kleine Rundfahrt durch den Hafen in einem geradezu winzigen Taxibötchen und fuhren mit dem Seabus nach North Vancouver, von wo aus wir einen tollen Blick auf Downtown hatten. Auch in Vancouver gibt es ‚public pianos‘ und wir haben auch mal ein kleines Ständchen mit Gesang gegeben… schon ne schöne Sache! Es macht Spaß, im Vorbeigehen ein wenig zu klimpern, oder anderen, womöglich professionelleren Spielern zuzuhören.

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An unserem letzten gemeinsamen Tag strahlte noch einmal die Sonne, daher nutzen wir das schöne Wetter und mieteten uns Fahrräder. Wir umrundeten den Stanley Park, der von drei Seiten von Wasser umgeben ist, und machten uns dann schließlich über die große Brücke auf Richtung Norden, zur Capilano Suspension Bridge, einer der längsten frei schwingenden Hängebrücken des Universums. Nach dem schweißtreibenden Anstieg fragten wir uns, ob das ganze wohl Eintritt kosten sollte, da es offenbar in eine Art Park eingebettet war. Wie viel sollte das schon sein, um so eine Brücke zu überqueren – 5…6 Dollar? Oder halt 35. Plus tax versteht sich. Was solls- wir sind jetzt nicht umsonst den Berg hochgeradelt! Also Augen zu und durch. Der Park war schon nett gemacht! Neben der in der Tat eindrucksvollen Hängebrücke gab es einen Spazierweg auf Brücken zwischen den hohen Bäumen und einen ‚Cliff Walk‘ bei dem man einen halbkreisförmigen Weg über eine Steilwand hinaus laufen konnte. Insgesamt also ein schön angelegter Park, der seine 6$ durchaus wert gewesen wäre!

Früh am nächsten Morgen machte sich Dori auf den Weg zum Flughafen- für sie ging es weiter nach Mexiko. Mein Flug ging abends und nachdem ich mich noch ein wenig durch die Stadt habe treiben lassen, ging es auch für mich weiter- an die Ostküste der USA, wo die drei großen Städte Boston, New York City und Wasington D.C. auf mich warteten. Aber davon das nächste Mal mehr.

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Ein Gedanke zu „Crossing Canada – B.C. und Alberta“

  1. Lieber Christian,

    interessante Eindrücke und spannnende Momente…..wir bleiben Dir auf den Fersen :-). Bleib gesund und liebe Grüße von Barbara & Herbert

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